ORIGINAL
JOSEFSTÄDTER NEUJAHRSKONZERT
~ DAS “ANDERE” NEUJAHRSKONZERT ~
SONNTAG 6. JÄNNER 2013 11:00 Uhr und 15:00 Uhr
Laudongasse 15-19, 1080 Wien
PROGRAMM AUSFÜHRENDE FOTOS

TEXTE zum Programm

(von Dr. Harald Schlosser)

zu Josef Lanner (1801 - 1843)

Mit Josef Lanners "MOZARTISTEN" - einem Walzer, welcher nicht dem Tanze sondern den Verehrern des unsterblichen Mozart gewidmet war - haben die SORGENBRECHER das Programm des Original Josefstädter Neujahrskonzertes 2013 eröffnet.

Keine einzige Note in dieser Walzerfolge stammte von Lanner selbst, aber die Aneignung fremder Melodien und die "Verwalzung" der Mozart'schen Themen waren nicht Selbstzweck sondern Ausdruck einer tiefen Verehrung Lanners, und so entstanden die "MOZARTISTEN" 1842 unter dem Eindruck der nur wenige Monate davor stattgefundenen Feierlichkeiten zu Mozarts fünfzigstem Todestag.

zu Giuseppe Verdi(1813 - 1901) und Philipp Fahrbach d. Ältere (1815 - 1885)

Eine ganz andere Gelegenheit, populäre und aktuelle Musikstücke unters Volk zu bringen boten im Wien des 19. Jahrhunderts die Quadrillen für die unzähligen Bälle und Tanzfeste. Eine Quadrille benötigt für ihre Tanzfiguren eine durch die Tanzschritte bestimmte und fest vorgegebene musikalische Struktur. Dies sowohl hinsichtlich der Anzahl der Takte als auch für das Tempo und den musikalischen Charakter.

Neben Johann Strauss Vater und Sohn beherrschte auch der Josefstädter Komponist und Kapellmeister Philipp Fahrbach der Ältere meisterhaft die Kunst, seine Quadrillen aus beliebten Ohrwürmern und Gassenhauern zusammen zu setzen. Seine Quadrille über beliebte Motive aus Giuseppe Verdis "RIGOLETTO" entstand 1852 gleichzeitig mit der erstmaligen Aufführung dieser Oper in Wien.

In unserem Neujahrskonzert 2013 soll sie an Giuseppe Verdi und dessen zweihundertsten Geburtstag erinnern. Anschließend begleiten die SORGENBRECHER die junge Sopranistin JASMIN REDA bei der Arie der Gilda "Caro nome che il mio cor" und ich bin sicher, Sie werden das Thema bereits davor in der Quadrille entdeckt haben.

zu Joh. Strauss (Vater) (1804 - 1849)

Angesagte Katastrophen im Allgemeinen - und Weltuntergänge im Besonderen finden meistens nicht statt. Davon konnten wir uns erst am 21. Dezember des vergangenen Jahres überzeugen. Revolutionen dagegen finden öfters statt, im Wien des Jahres 1848 kam es jedenfalls zur einer solchen und der als konservativ und kaisertreu bekannte Johann Strauss Vater hatte schon mit seinem "RADETZKYMARSCH" der Niederschlagung des Aufstandes in Italien ein musikalisches Denkmal gesetzt. Für die Wiener Bevölkerung des Jahres 1848 hatte Strauss Vater ein besonderes Rezept: Als sein op. 230 komponierte er für die Eröffnung eines Ballfestes am 22. Februar 1848 in den gerade neu erbauten Sophiensälen seinen Walzer "SORGENBRECHER" und präsentierte damit seinen musikalischen Vorschlag zur Krisenbewältigung. Und ganz nebenbei war dieser Walzer auch namensgebend für unser Neujahrskonzert-Ensemble.

zu Joh. Nestroy & Adolf Müller sen. (1801 - 1886)

Ein Weltuntergang durch einen Zusammenstoss mit einem Kometen ist rein statistisch betrachtet sehr unwahrscheinlich. Ein solcher hat vielleicht vor mehreren Millionen von Jahren die Dinosaurier ausgerottet - die Erde dreht sich aber noch immer.

An der durchaus realen Gefahr einer Selbstvernichtung arbeitet die Menschheit mit weltweiter atomarer Aufrüstung und globaler Umweltzerstörung nach wie vor mit großem Fleiß und mit viel Energie.

Der mögliche Zusammenstoß der Erde mit einem Kometen mit nachfolgendem Weltuntergang war schon im biedermeierlichen Wien des Johann Nestroy Tagesgespräch. Und so lässt er auch in seiner 1833 entstanden Posse "LUMPACIVAGABUNDUS" den einfältigen Schuster KNIERIEM über das drohende Ereignis philosophieren. Der Text ist von beängstigender Aktualität - Ähnlichkeiten mit heutigen Zuständen sind rein zufällig und frei erfunden.

zu Joseph Strauss (1827 - 1870))

Im Fluge vergeht die Zeit in unserem ANDEREN NEUJAHRSKONZERT,
und "IM FLUGE" nannte Joseph STRAUSS seine Schnellpolka op. 230 für ein Tanzfest im Wiener Volksgarten im Sommer 1867.

Pepi Strauss, "DER GENIALERE" wie Johann Strauss Sohn (in seiner Eigendefinition "DER POPULÄRERE") seinen jüngeren Bruder nannte leitete damals die Tanzkapelle des Strauss'schen Familienunternehmens.

Und mit dieser Schnellpolka wollen sie die SORGENBRECHER in die Pause begleiten.

zu Franz von Suppé (1819 - 1895)

Der österreichische Komponist und Kapellmeister Franz von SUPPÉ mit dem bürgerlichen Namen

Francesco Ezechiele Ermenegildo Cavaliere Suppè-Demelli

entstammte einer ursprünglich belgischen, später in Dalmatien lebenden Familie. Seine Mutter war Wienerin. Auf Wunsch seines Vaters begann er eine Ausbildung zum Juristen an der Universität Padua. Sein ganzer Enthusiasmus galt allerdings nach wie vor nur der Musik. So fuhr er häufig nach Mailand und sah nicht nur Opern im Teatro alla Scala, sondern trat auch in persönlichen Kontakt mit Gioacchino Rossini, Gaetano Donizetti und dem jungen Giuseppe Verdi. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass seine Ouverture zur 1868 entstandenen Operette "TANTALUSQUALEN" viele musikalische Elemente der italienischen Oper enthält.
Aber auch der Einfluß von Richard WAGNER, dem zweiten musikalischen Jahresregenten des Jahres 2013 ist zu spüren.

zu Carl Binder (1816 - 1860)

Richard Wagners 1845 entstandene Reformoper TANNHÄUSER hatte in Wien keinen leichten Start. Das Libretto wurde von der Zensur mehrmals wegen angeblicher "Sittenlosigkeit" abgelehnt. Konzertante Ausschnitte hatte die Strauss-Kapelle erstmals 1853 im Volksgarten gespielt, die szenische Erstaufführung von Wagners Original fand erst am 28. August 1857 in der Sommer-Dependence des Theaters in der Josefstadt im THALIA-THEATER in der Vorstadt Neulerchenfeld statt. Zwei Monate später präsentierte Johann Nestroy höchst erfolgreich die von ihm zusammen gestellte TANNHÄUSER-PARODIE im Carl-Theater.

Die Musik zur Parodie komponierte CARL BINDER, Nestroys Hauskapellmeister am Carl-Theater, der seine Karriere im übrigen als Nachfolger von Conradin Kreutzer hier bei uns in der Vorstadt an unserem Theater in der Josefstadt begonnen hatte. Routiniert zitierte und parodierte Binder Wagners "Zukunftsmusik" und als kleine Kostprobe servieren Ihnen jetzt Jasmin REDA begleitet von den SORGENBRECHERN die Arie der ELISABETH aus dem zweiten Akt der TANNHÄUSER PARODIE.

zu Richard Wagner (1813 - 1883)

Wir beenden unser ORIGINAL JOSEFSTÄDTER NEUJAHRSKONZERT mit einer Verneigung vor Richard WAGNER und mit der Aufführung einer Originalkomposition.
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Richard Wagner komponierte sein SIEGFRIED-IDYLL heimlich im Jahr 1870. Er schrieb das Werk für seine Frau Cosima zur Erinnerung an die Geburt ihres ersten Sohnes Siegfried. Uraufgeführt wurde es im engsten Familienkreis am Weihnachtstag 1870, der zugleich Cosimas 33. Geburtstag war, wobei die engen Platzverhältnisse eine Kammerbesetzung und die Aufstellung der Musiker im Treppenhaus der von der Familie Wagner bewohnten Villa nötig machten.

Wagner verwendete vornehmlich Motive aus seiner Oper Siegfried. Es handelt sich um seinen einzigen Beitrag zur Gattung der symphonischen Dichtung und er bezeichnete die Komposition als sein einziges Orchesterwerk, für welches er ein vollständiges Programm vorlegen könnte.

Als Widmung an Cosima schrieb Wagner in der ihm eigenen blumigen Sprache folgendes Gedicht:

Es war Dein wunderthätig hehrer Wille
der meinem Werk die Werde-Stätte fand,
von dir geweiht zu weltentrückter Stille,
wo nun es wuchs und kräftig uns erstand,
die Heldenwelt uns zaubernd zum Idylle,
uraltes Fern zu trautem Heimathland.
Erscholl ein Ruf da froh in meine Weisen:
»Ein Sohn ist da!« der musste Siegfried heissen.

Für ihn und Dich durft’ ich in Tönen danken
wo gäb’ es Liebesthaten holdern Lohn?
Sie hegt ich in unsres’ Hauses Schranken,
die stille Freude, die hier ward zum Ton:
die sich uns treu erwiesen ohne Wanken
so Siegfried hold wie freundlich unsrem Sohn
mit deiner Huld sei ihnen jetzt erschlossen,
was sonst als tönend Glück wir still genossen!