ORIGINAL
JOSEFSTÄDTER NEUJAHRSKONZERT
~ DAS “ANDERE” NEUJAHRSKONZERT ~
6. Jänner 2012 ~ BEZIRKSMUSEUM JOSEFSTADT
PROGRAMM AUSFÜHRENDE FOTOS

TEXTE zum Programm

(von Dr. Harald Schlosser)

Franz Schubert (1797 - 1828)

Die Sorgenbrecher eröffneten das Konzert mit Franz Schubert und seiner Ouvertüre zum Zauberspiel „Die Zauberharfe“, einem Melodram über einen verloren gegangenen Text von Georg Ernst von Hoffmann.
Schubert war vielleicht kein waschechter „Josefstädter“ eher schon ein „Alsergründler“ aus dem Nachbardorf. Für die Glockenweihe der Dreifaltigkeitskirche der Minoriten, im Volksmund früher Zu den Weißspaniern und heute „Alserkirche” genannt, die sich genau an der Grenze zwischen den heutigen Bezirken Josefstadt und Alsergrund befindet, schrieb Schubert wenige Wochen vor seinem Tod den Hymnus „Glaube, Hoffnung und Liebe“. Daran erinnert auch heute noch ein Bronzerelief an der Kirchenfront.
„Die Zauberharfe“ verschwand 1820 schon nach wenigen Aufführungen vom Spielplan des Theaters an der Wien und die Ouverture wurde in den folgenden 150 Jahren dem ebenfalls wenig erfolgreichen romantischen Schauspiel „Rosamunde, Königin von Zypern“ zugerechnet, aus dem im Konzert auch noch eine Zwischenaktsmusik und eine Ballettmusik hören war.
Das einaktige Singspiel „Die Zwillingsbrüder“, ebenfalls nach einem Text von Georg Ernst von Hoffmann dreht sich um ein auch heute noch sehr aktuelles Thema eine Zwangsheirat.

"Lieschen, die Tochter eines deutschen Dorfschulzen, wehrt sich gegen die zwangsweise Verheiratung mit ihrem Taufpaten. Ihr Vater hatte am Tag der Geburt seiner Tochter den damals jungen Nachbarn als Taufpaten gewonnen. Dieser hinterlegte bei Gericht einen hohen Geldbetrag bis zum 18. Geburtstag des Kindes und verlangte dafür vom Vater das Eheversprechen. Nach Lieschens Taufe zog er aus um seinen im Krieg in Frankreich vermissten Zwillingsbruder zu suchen und galt seither ebenfalls als verschollen.
Genau an Lieschens 18. Geburtstag kehrt er zurück um seine Braut kennen zu lernen. Diese ist natürlich schon längst in einen Anderen verliebt und verschafft sich nach einigen Verwicklungen erfolgreich Respekt für ihre Gefühle. Ihrem Vater erklärt sie selbstbewusst und unmissverständlich:
„Der Vater mag wohl immer Kind mich nennen,
ich weiss, dass ich kein Kind mehr bin.“

Antonio Salieri (1750 - 1825)

Am 18. Juni 1812 begann Franz Schubert sein Kontrapunkt- und Kompositionsstudiums bei Antonio Salieri. Seinen Freunden gegenüber äußerte sich Schubert nicht immer wirklich respektvoll über seinen italienischen Lehrmeister. In einem seiner Briefe hätte es durchaus so klingen können:

„Ich frage mich wirklich, wie der Herr Salieri es geschafft hat, nach bald vierzig Jahren in Wien noch immer kein Deutsch zu red'n. Ich höre ihn schon: ‘Che cos'è un testo tedesco? Oh, che barbaro!’
Bei allem Respekt, aber das ist doch a Schmarr'n. Das einzig barbarische ist seine Ignoranz!“

Das Verhältnis des hoch angesehenen Hofkomponisten Salieri zur deutschen Sprache sollte sich auch in den folgenden Jahren nicht wesentlich verbessern.
Sein einziges deutsches Bühnenwerk, das Singspiel „Der Rauchfangkehrer“ mit einem Libretto des aus Graz stammenden Hofarztes Leopold Auenbrugger fiel 1781 am Burgtheater wegen des „grottenschlechten Textes“ mit Bomben und Granaten durch.
Erfolgreich überlebte nur die Musik Salieris, die sogar W. A. Mozart so gut gefiel, dass er die Partitur für sich selbst kopieren - (und das hieß damals „ABSCHREIBEN“ !) ließ.
Titelheld ist der italienische Rauchfangkehrer VOLPINO, der mit seinen Gesangskünsten in seiner Muttersprache im Haus der jungen und zugleich reichen Witwe Frau von Habicht amouröse Intrigen spinnt um für sich selbst das Heiratsgut zu ergaunern.
Im dritten Akt gibt VOLPINO der Hausherrin eine Gesangsstunde anhand einer italienischen Arie. Die originale Regieanweisung lautet:

„Frau von Habicht singt den wälschen Text fehlerhaft und wird von Volpin’ in der Aussprache belehret“

Franz von SUPPÉ (1819 - 1895)

Francesco Ezechiele Ermenegildo Cavaliere Suppè-Demelli oder einfach Franz von Suppé wie er sich später selbst nannte, entstammte einer ursprünglich belgischen, später in Dalmatien lebenden Familie. Seine Mutter war Wienerin. Bereits mit acht Jahren sang er im Kirchenchor der Kathedrale von Split.
Mit fünfzehn Jahren begann er dann auf Wunsch seines Vaters eine Ausbildung zum Juristen an der Universität Padua. Sein ganzer Enthusiasmus galt allerdings nach wie vor nur der Musik. So fuhr er häufig nach Mailand und sah nicht nur Opern im Teatro alla Scala, sondern trat auch in persönlichen Kontakt mit Gioacchino Rossini, Gaetano Donizetti und dem jungen Giuseppe Verdi.
So kam es, dass er nach Wien ging um Musik zu studieren. Nachdem er sein Studium 1840 mit nur 21 Jahren abgeschlossen hatte, stellte das Theater in der Josefstadt unter Direktor Franz Pokorny ihn - zunächst ohne Salär - als Kapellmeister ein. Aus diesen Anfängerjahren stammt die eben gehörte Musik zu der Posse „Der Crämer und sein Comis“, am Theater in der Josefstadt uraufgeführt am 28. September 1844.
Im Laufe seines Lebens sollten es dann noch über 200 Werke für die Bühne werden.

Joh. STRAUSS (Sohn) (1825 - 1899)

An den österreichischen Pianisten, Komponisten und Musikpädagogen Alfred Grünfeld erinnert noch heute im Nachbarbezirk Alsergrund die Alfred-Grünfeld-Gasse.
Bekannt ist er vor allem durch den Vortrag seiner Konzertparaphrasen von Strauss-Walzern. Johann Strauss (Sohn) widmete ihm den Walzer op. 410 in seiner Originalfassung für Koloratursopran und Orchester. Nach dem Text von Richard Genée nannte ihn Strauss „Frühlingsstimmen“.

Philipp Fahrbach der Ältere (1815 - 1885)

Philipp Fahrbach der Ältere verbrachte den größten Teil seines Lebens in der Josefstadt. Als Musiker war er Schüler und Weggefährte von Josef Lanner und Johann Strauß (Vater). Im Alter von 17 Jahren spielte er schon in der Kapelle von Strauß. 1835 gründete er seine eigene Kapelle und war von 1838 bis 1856 Leiter der Hofballmusik. Danach wirkte er bis 1865 als Militärkapellmeister. Fahrbach war auch literarisch tätig und schrieb für die "Allgemeine Musikzeitung".
Aus seiner posthum erschienenen Autobiografie „ALT-WIENER ERINNERUNGEN“ wurde in den Josefstädter Neujahrskonzerten bereits öfter zitiert.
Philipp Fahrbach der Ältere schrieb mehr als 150 Kompositionen, darunter zwei Opern “Der Liebe Opfer” (1844) und “Das Schwert des Königs” (1845). Auch komponierte er Walzer, Potpourris, Märsche und Kirchenmusik und erwarb sich große Verdienste um die Militärmusik.
Neu im Repertoire der Sorgenbrecher ist seine Schnellpolka “WIENER-EXTRABLATT“ aus dem Jahre 1866. Das Autograph der Partitur befindet sich in der Musiksammlung der WIEN-BIBLIOTHEK . In dieser Polka sind viele Sensationen zu hören. 1866 war kein gutes Jahr für das Kaisertum Österreich, Sensationsmeldungen - zumeist schlechte - gab es genug.

  • Die Niederlage bei Königgrätz
  • Nationalistische Aufstände in den Kronländern
  • u.s.w…….

  • Das alles spiegelt sich in Fahrbachs humorvoller Polka wieder.
  • Die Kaiserhymmne
  • Militärfanfaren
  • Schüsse
  • Das alte Lied „O Du mein Österreich“
  • Johann Strauss (Vater) (1804 - 1849)

    “SORGENBRECHER” nannte Johann Strauss Vater seinen im Februar des Revolutionsjahres 1848 komponierten Walzer op. 230.
    Bei einem Ballfest im großen Sofienbad-Saal zeigte er damit dem Wiener Publikum seinen Weg zur musikalischen Krisenbewältigung. Unser Neujahrskonzert Ensemble hat sich von diesem Walzer den Namen „ausgeborgt“ und beendete auch mit der Musik von Johann Strauss Vater das ORIGINAL JOSEFSTÄDTER NEUJAHRSKONZERT 2012.