VI. JOSEFSTÄDTER NEUJAHRSKONZERT
6. Jänner 2007
THEATER IN DER JOSEFSTADT
~ TEXTE zum PROGRAMM ~

Das Josefstädter Neujahrskonzert 2007 begann - fast schon traditionell - mit einer Komposition des jungen Johann STRAUSS Vater, am Beginn seiner Karriere, den "Josefstädter Tänzen" op. 23.

Eigens für unser Josefstädter Neujahrskonzert haben Harald SCHLOSSER und Franz BARTOLOMEY das Ensemble "DIE SORGENBRECHER" aus profilierten Vertretern der Wiener Orchesterszene zusammen-gestellt.

"SORGENBRECHER" nannte Johann Strauss Vater seinen Walzer op. 230, den er für die Eröffnung der Ballsaison des Jahres 1848 in den gerade neu errichteten Sofiensälen komponiert hatte. Sorgen hatten die Wiener - damals, knapp vor der Revolution, wie heute, knapp vor dem Zustandekommen einer neuen Regierung - aber der Walzerkönig hatte ein Rezept dagegen. Und diese Medizin wollen wir Ihnen auch heute einflößen.

Nicht mehr - aber auch nicht weniger: Die Sorgenbrecher.

Francesco Ezechiele Ermenegildo Cavaliere Suppe Demelli, wurde am 18. April 1819 in der dalmatinischen Hafenstadt Spalato als Sohn eines Beamten italienischer und belgischer Abstammung und einer Wiener Mutter mit polnischem und tschechischem Blut geboren. Bekannt wurde er aber unter dem Namen Franz von Suppé.

Suppé komponierte bereits im Alter von 13 Jahren, mußte aber auf Wunsch seines Vaters Rechts-wissenschaften studieren. 1835 übersiedelte er nach Wien und setzte seine musikalische Ausbildung unter anderem bei Simon Sechter fort. 1840 begann er als dritter Kapellmeister hier am Theater in der Josefstadt, feierte aber bald als Komponist verschiedener kleinerer Bühnenwerke erste Erfolge.

Nach der nach nur drei Aufführung vom Spielplan abgesetzten Posse "Ein Morgen, ein Mittag, ein Abend in Wien" verwendete die Suppé einfach die Ouverture für Friedrich Kaiser Posse "Der Krämer und sein Comis" von der Sie bereits zu Beginn die Ouverture hörten und deren auch heute noch aktuelle Couplets uns durch diesen Vormittag begleiten werden.

Eine weitere heute fast schon vergessene Ouverture wollen unsere "Sorgenbrecher" ebenfalls wieder in Erinnerung bringen;
Heinrich Ritter von Levitschnigg verfasste das dramatische Gedicht "DER TANNENHÄUSER". Ein damals nicht nur von Richard Wagner geschätzter Stoff.

Übrigens, die Wiener Erstaufführung von Wagner romantischer Oper "TANNHÄUSER" fand - Sie werden es nicht glauben - hier im Theater in der Josefstadt statt. Für die Hofoper war das Stück zu unsittlich.

Die Wiener Kurzfassung in Schüttelreimen des unvergessenen Komponisten, Autors, Arrangeurs, Pianisten, und, und und …. Franz MITTLER (geb. 1893) möchte ich Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten.

Die Wiener Pferderennen hatten, als Joh. Strauss Vater seine Galoppen op. 29 schrieb, bereits eine Tradition von mehr als 40 Jahren. Warum der "Wettrennen-" und der "Tell-Galopp" zu einem Werk vereinigt wurden und unter einer Werknummer veröffentlicht wurden ist ebenso wenig feststellbar, wie bei anderen Galoppen, wo dies ebenso geschah.

Fest steht, dass Rossinis letzte Oper "Wilhelm Tell" im August 1829 in Paris uraufgeführ wurde. Erst im März 1830 wurde die Ouverture dazu auf ein Programm eines Konzertes der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde gesetzt. Der Galopp von Strauss lag aber bereits am 20. November 1829 im Druck vor, und so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die Strauss-Kapelle wie so oft Wegbereiter für neue Musik in Wien waren.

Was Sie soeben gehört haben, war vielleicht keine Uraufführung im strengen Sinn - wie wir Ihrem Applaus entnehmen konnten, kommt es darauf auch gar nicht an. Hier in unserem Theater erklang dieses Pas de deux von Josef Lanner jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit heute zum ersten Mal.

Die ungefähr um 1825 entstandene Komposition des gerade 24-jährigen Josef Lanner, lehnt sich mit den beiden Soloinstrumenten an die entsprechenden Formen des klassischen Balletts an. Nebenbei bemerkt ist 1825 auch das Geburtsjahr von Johann Strauss Sohn.

Die Überlieferung berichtet, dass auch Franz Schubert gerne im Wirtshaus "Zur Tabakspfeife" nächst St. Stephan, mit Vorliebe den Darbietungen des Lannerschen Terzetts lauschte. Sicherlich sind die Kompositionen des jungen Lanner auch von Schubert und Rossini inspiriert.

Lanner begann seine Karriere als Tanzmusiker in der Kapelle von Michael PAMER in der ROSSAU und es ist sehr wahrscheinlich, dass er dort auch mit den Brüdern FAHRBACH bekannt wurde und musiziert hat.

Von Philipp FAHRBACH dem Älteren spielen "Die SORGENBRECHER" nun seinen Walzer - nicht die "SCHMAZLOCKEN" …
sondern die "SCHMACHTLOCKEN".

Last not least bedenken wir in unserem Josefstädter Neujahrskonzert einen der zahlreichen Jubilare des Jahres 2007;
Josef STRAUSS
und wenn es auch nur um seinen 180. Geburtstag geht.

Immerhin beurteilte selbst Johann Strauss Sohn die musikalischen Leistungen seines jüngeren Bruder mit den Worten:

" Der Pepi ist vielleicht der Begabtere von uns zwei,
aber ich bin halt der Populärere…."
Seine soeben gehörte Polka schnell "Im Fluge" , uraufgeführt am 24. Juli des Jahres 1867 soll uns an diesen Jubilar erinnern.

Die treuen Besucher unseres Neujahrskonzertes erinnern sich vielleicht noch an die im Vorjahr präsentierte humorvolle Abhandlung über die musikalischen Rassen erschienen in der "Neuen Musikzeitung" im Jahre 1882.

Voriges Jahr konnten wir Ihnen nur die

STREICHER, HOLZBLÄSER, BLECHBLÄSER und SCHLÄGER vorstellen.
Auf vielfachen Wunsch (und nach langem Suchen) haben wir den vollständigen Text in der Wiener Nationalbibliothek ausgehoben (wofür Frau Dorothea HUNGER besonderer Dank gebührt).

Neben der inspirierten allgemeinen Darstellung der des Berufsstandes der Musikanten wollen wir uns heute den noch fehlenden Rassen der

KOMPONIERER, DIRIGIERE und KLAVIERER
widmen.

Über die musikalischen Rassen
("Neue Musikzeitung", 1882)

"Die Sträussler" lautete der Originaltitel von Joseph Lanners Walzer op. 105, den Sie als Abschluß des offiziellen Programmes des 6. Josefstädter Neujahrskonzertes hören werden, und bezog sich damit auf die Uraufführung in den Ballsälen des Wirtshauses "Zum Straußen" - den heutigen "Sträussel-Sälen" am 23. Februar 1836. Aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Erwägungen änderte der Verleger jedoch den Titel vor der Drucklegung und nannte die Walzerfolge "Die Liebes-Tändler".

Dr. Harald Schlosser

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